Theaterverein glänzt mit einem Klassiker
Neuß-Grevenbroicher Zeitung
Im Theaterverein Kaarst sorgte Oscar Wildes Komödie „Ernst sein ist alles“ für einen unterhaltsamen Abend. Die Inszenierung präsentierte eine frische Interpretation der Klassiker und ließ das Publikum in die Verwicklungen der Protagonisten eintauchen.
VON RUDOLF BARNHOLT
VORST | Der Theaterverein Kaarst konnte zufrieden sein: Die drei Vorstellungen von Oscar Wildes „Ernst sein ist alles“ am Wochenende waren gut besucht, wenn auch nicht ausverkauft. Einer fehlte: Wilhelm Schiefer. Der kränkelte bereits im Vorjahr, sodass Sebastian Bente die Regie übernommen hatte. Für ihn war es wichtig, das hohe Niveau zu halten. Er machte einen guten Job, das Publikum war zufrieden.
Die „Komödie für ernsthafte Leute“ war 1895 in London uraufgeführt worden und scheint immer noch aktuell zu sein. Im Mittelpunkt stehen John Worthing (Erik Hanovsek) und Algernon, sein Freund (Raphael Nowaczyk). Sie haben beide jeweils eine Person erfunden, um sich mehr Freiraum für private Interessen zu schaffen. Als Erster betritt der Theaterbrigadier (Winfried Kluth) die Bühne, die ganz dicht an die Zuschauenden heranreicht. Algernon hatte sich seinen kränkelnden Freund nur ausgedacht, John hat angeblich einen Bruder, der Ernst heiß und um den er sich immer wieder kümmern muss.
Die Inszenierung profitiert von starken Charakteren. Eine Besonderheit und zugleich eine Art der Integration: Die Ukrainerin Tetiana Afanasieva hatte sich beworben und war engagiert worden. Sie verkörperte ausgerechnet eine Deutschlehrerin, wobei die Vorbereitung für ihren Auftritt ganz nebenbei eine Verbesserung ihrer Deutschkenntnisse zur Folge hatte. Sie spielte sich schnell in die Herzen des Publikums und man merkte ihr die Spielfreude sofort an.
Oscar Wilde hatte offenbar ein Herz für starke Frauen – das war vor 129 Jahren alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Sowohl Gwendolen (Valentina Moretto), die Tochter von Lady Bracknell (Ulla Kottmann), als auch Cecily (Anett Schultze), das Mündel von John Worthing, zeigten sich selbstbewusst und pfiffig. Lady Bracknell war streng und zielorientiert. Sie brachte die finanziellen Verhältnisse in Erfahrung mit dem Ergebnis, dass sie ein Kriterium für eine Hochzeit waren – auch das soll es heute noch geben. Dem Pfarrer (Rolf Brinkmann) war die Stimmung „zu weltlich“.
Ohne alles zu verraten: Das Ende kommt unverhofft und ohne es zuvor geahnt zu haben, bewahrheiten sich die Angaben der beiden Freunde. Kaum zu glauben: Die beiden Heiratskandidatinnen Cecily und Gwendolen wollen unbedingt einen Mann, der Ernst heißt. Zum Glück war die Konfettikanone im Einsatz und das Publikum spendete begeistert Applaus. Aus diesem Applaus ging nicht hervor, wer denn der Publikumsliebling war.
„Das war witzig und spritzig“, lautete eine Zuschauermeinung, eine andere sparte ebenfalls nicht mit Lob: „Das war um Klassen besser als im vergangenen Jahr.“ Das ist gut so, zeigt es doch, dass der Theaterverein Kaarst auf dem richtigen Weg ist nach dem Tod von Wilhelm Schiefer. Der dürfte mit den diesjährigen Leistungen des Ensembles ebenso zufrieden gewesen sein wie mit der Auswahl der Komödie von Oscar Wilde.
Familie Bente aus Kleinenbroich hatte ihren Teil zum Gelingen beigetragen: Heike Bente war als Souffleurin nicht arbeitslos. Da wurde nicht lange rumgeeiert, das Zauberwort der Akteure hieß „Text“ und schon lieferte Heike Bente. Blamabel war das angesichts der enormen Textfülle nicht wirklich. Thomas Bente gefiel als Diener, der sein Amt mit Witz und Würde wahrnahm. Sebastian Bente, der Sohn von Heike und Thomas, war schon im vergangenen Jahr an der Regie beteiligt gewesen. Jetzt, wo er die volle künstlerische Verantwortung übernommen hatte, zeigte er, dass er der Aufgabe gewachsen ist.
Der 40-Jährige freute sich über die positive Resonanz. Der Schauspieler, der am Düsseldorfer Schauspielhaus arbeitet, legte Wert darauf, ein anspruchsvolles Stück zu bieten in einer Qualität, wie sie für Wilhelm Schiefer unverzichtbar gewesen wäre. Das Ergebnis ist keine ganz leichte, aber durchaus bekömmliche Theater-Kost. Die Inszenierung animiert eher zum Schmunzeln, als zum Lachen. „Wir waren gut, aber nicht super gut“, sagte Bente. Er sieht noch Luft nach oben. Für das kommende Wochenende, von Freitag bis einschließlich Sonntag, gibt es noch Karten. Los geht es jeweils um 19:30 Uhr.